Neues BeratungsangebotAidshilfe unterstützt Transmenschen
Von der Community für die Community: Ein neues Angebot für die LGBTI-Gemeinschaft ist ganz nah an der Zielgruppe.

Das Timing ist perfekt. Einen Tag nachdem der Stadtkanton seinen Entwurf für das neue Gleichstellungsgesetz vorgestellt hatte, der den Gleichstellungsauftrag auf lesbische, schwule, bisexuelle, Trans- und Intermenschen (LGBTI) erweitert, hat die Aidshilfe beider Basel (AHbB) ihr neues Pilotprojekt vorgestellt: Ab dem 25. August können sich Transmenschen anonym und kostenlos, persönlich oder per Mail von Marc Inderbinen auf der Geschäftsstelle der Aidshilfe an der Clarastrasse beraten lassen.
Der Psychologe, der auch Lehrbeauftragter an der Uni Basel ist, identifiziert sich selber als trans und kommt somit aus der Zielgruppe, an die sich das neue Angebot richtet. «Das Pilotprojekt wurde von der Community für die Community entwickelt», sagt er.
Bisher habe in Basel ein niederschwelliges Beratungsangebot für Transpersonen gefehlt. Mögliche Anlaufstellen seien bis dato etwa medizinische Zentren wie das Universitätsspital gewesen, wo jedoch der Schwerpunkt auf medizinischen Fragen liege, etwa in Zusammenhang mit einer Transition.
Inderbinen bietet Termine nach vorgängiger Anmeldung an. Oder aber man nimmt das Walk-in-Angebot in Anspruch: Jeden ersten Mittwoch im Monat ist er von 18 bis 21 Uhr vor Ort und empfängt Ratsuchende – angesprochen sind auch Angehörige oder Beziehungspersonen.
«Dadurch, dass ich selber diese Erfahrungen auch gemacht habe, habe ich einen Blick dafür, welches die Schwierigkeiten der Menschen sind, die ich berate.»
Unterstützung möchte Inderbinen etwa bei Identitätsfragen leisten, wenn sich beispielsweise eine Person damit beschäftigt, ob sie trans oder non-binär ist oder wie sie mit ihrer Geschlechtsidentität im Alltag umgehen soll. Das kann sich um ganz praktische Überlegungen drehen, beispielsweise, ob und wie man den Arbeitgeber informiert. «Da ich diese Erfahrungen selber auch gemacht habe, habe ich einen Blick dafür, welches die Schwierigkeiten der Menschen sind, die ich berate», so Inderbinen.
Dass in der Basler LGBTI-Community eine Nachfrage nach einer derartigen Anlaufstelle besteht, bezweifeln die Initianten nicht. Schätzungsweise ein bis drei Prozent der Schweizer Bevölkerung identifiziere sich als trans oder non-binär, also zwischen 43’000 und 248’000 Personen, sagte Etienne Rembold vom Transgender Network Switzerland am Donnerstag anlässlich der Medienorientierung.
Auf Basel bezogen, sind dies 1000 bis 6000 Personen. Eine davon ist Sascha Rijkeboer. Es sei schwierig gewesen, die Identifikation als trans für sich selbst einzuordnen. Unterstützung wäre dabei hilfreich gewesen: «Es braucht Anlaufstellen mit Fachpersonen und Treffs für die Transmenschen.»
Basler wichen nach Bern aus
In Zürich, Bern und Lausanne gibt es niederschwellige Beratungsangebote, auf die bisher auch Menschen aus Basel auswichen. «Im vergangenen Jahr suchte die Beraterin der Aidshilfe Bern den Kontakt mit uns, weil ihr auffiel, dass viele Personen aus Basel ihr Beratungsangebot wahrnahmen», sagt Magdalena Urrejola Balçak, Geschäftsleiterin der AHbB.
Die Aufgleisung des Basler Pilotprojekts beanspruchte ein Jahr, ein weiteres Jahr möchte man nun Erfahrungen mit der neuen Dienstleistung sammeln. Diese Testphase finanziert die AHbB, die als privater Verein Subventionen beider Basler Kantone erhält, selber. Budgetiert sind dafür 25’000 Franken. Entsprechend den knappen Mitteln beschränkt sich das Angebot auf vorerst vier Stunden wöchentlich.
Angestrebt wird laut Geschäftsleiterin Urrejola Balçak, dass die Finanzierung des Projekts in den nächsten drei bis vier Jahren gewährleistet ist. Dass die AHbB die richtige Institution sei, eine solche Dienstleistung zu erbringen, sei eine logische Folge von deren Entwicklung, so Balçak: «Im Bereich der Sexarbeit sind wir schon lange mit Transmenschen tätig und bringen Professionalität sowie Fachwissen in das Pilotprojekt ein.»
Den neuen LGBTI-Fachbereich, den die Regierung in der Basler Verwaltung mit ungleich mehr zur Verfügung stehenden Ressourcen schaffen will, sieht Balçak nicht als Konkurrenz, da sich diese eher um die gesetzliche und strukturelle Umsetzung von entsprechenden Kantonen kümmere.
Es gebe aber immer wieder Bemühungen des Kantons, verschiedene Angebote zu koordinieren. Im Bereich der sexuellen Gesundheit existiert laut der AHbB-Geschäftsleiterin etwa ein runder Tisch. Ähnliches ist laut Balçak auch im Bezug auf Dienstleistungen wünschenswert, die die LGBTI-Community ansprechen.
AHbB-Beratungsangebot für Transmenschen: Anonymes Walk-in-Angebot jeden ersten Mittwoch des Monats von 18 bis 21 Uhr an der Clarastrasse 4 (2. Stock). Individuelle Termine an anderen Tagen können per Mail vereinbart werden: minderbinen@ahbb.ch
Korrektur: In der ursprünglichen Version dieses Textes wurden für Sascha Rijkeboer weibliche Pronomen verwendet. Das war falsch, die Autorin entschuldigt sich für den Fehler.
Julia Konstantinidis ist seit 2020 Redaktorin im BaZ-Ressort Kultur&Gesellschaft.
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