Afghanisches Mädchen berichtet über brutale Gewalt in der Familie
Schläge, ausgerissene Nägel, auf dem Körper ausgedrückte Zigaretten: In Afghanistan wollte die Schwiegerfamilie offenbar eine 15-Jährige zur Prostitution zwingen.
Ein besonders schwerer Fall von brutaler Gewalt gegen ein 15 Jahre altes zwangsverheiratetes Mädchen hat in Afghanistan für grosse Betroffenheit gesorgt. Die seit Montag mit schwersten Verletzungen in einem Krankenhaus der Hauptstadt Kabul liegende Sahar Gul äusserte sich am Wochenende erstmals über ihr monatelanges Martyrium, das sie bei der Familie ihres Ehemanns durchlitt. Diese wollte sie nach Angaben des Mädchens zur Prostitution zwingen, sperrte sie wegen ihrer vehementen Gegenwehr ein halbes Jahr lang in der Toilette ein und folterte sie auf grausame Weise.
Vor allem von ihrer Schwiegermutter sei sie geschlagen und immer wieder mit Zigaretten gebrannt worden, sagte Gul am Samstag. Zudem habe die Frau ihr die Fingernägel ausgerissen. «Ich habe kein Essen und kein Wasser bekommen, wurde gefoltert und geschlagen», sagte Gul mit brüchiger Stimme bei einem von der afghanischen Gesundheitsministerin Suraja Dalil in der Klinik anberaumten Pressetermin.
Vom Bruder verkauft
Das Mädchen war vor etwa sieben Monaten für 5000 Dollar von ihrem Bruder an ihren späteren Ehemann verkauft worden. Zusammen mit ihm und seinen Eltern lebte sie seither in der nordöstlichen Provinz Baghlan. Als ihrer eigenen Familie aus der Nachbarprovinz Badakhshan kürzlich der Zugang zum Haus der Schwiegereltern verwehrt wurde, wandte diese sich an die Polizei und meldete ihre Tochter als vermisst.
Die Polizei drang daraufhin am Montag in das Haus ein und fand das Mädchen in der Toilette. Guls Gesicht war mit Kratzern übersät und völlig verschwollen. Zudem wies sie am ganzen Körper Folterspuren auf. Die Polizei nahm drei Frauen, darunter auch Guls Schwiegermutter, fest. Der Ehemann konnte bislang nicht gefasst werden. Seit seiner Flucht aus der gemeinsamen Wohnung fehlt von ihm jede Spur.
Verbreitete Gewalt an Frauen
Gesundheitsministerin Dalil sagte, Guls Fall sei ein weiteres Beispiel für die zunehmende Gewalt gegen Frauen in Afghanistan. Das Mädchen «aus einem entlegenen Teil des Landes» sei noch ein Kind und habe nach dem Gesetz noch gar nicht heiraten dürfen. «Das ist eine tragische und herzzereissende Geschichte für Afghanistan», sagte Dalil. Gul verliere weiterhin viel Blut und sei zudem schwer traumatisiert.
Die Gewalt gegen Frauen scheint in Afghanistan derzeit eher zuzunehmen. Offiziell wurden im zweiten Quartal 2011 gut tausend Fälle registriert, im gesamten Jahr 2010 etwa 2700 Fälle. Der Menschenrechtsorganisation Oxfam zufolge geben fast 90 Prozent der afghanischen Frauen an, schon einmal körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt erlitten zu haben beziehungsweise zwangsverheiratet worden zu sein.
AFP/rub
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