Aeschi wird kämpfen müssen
Der einstige Bundesratskandidat der SVP ist wieder Favorit – nun will er Fraktionspräsident werden. Wie seine Chancen stehen.

Bis Montagabend war auf dem SVP-Sekretariat in Bern genau eine Bewerbung für die Nachfolge von Fraktionspräsident Adrian Amstutz eingegangen: jene von Thomas Aeschi, Nationalrat aus Zug, Ökonom und einstiger Bundesratskandidat der SVP.
Zwar haben sich etliche mit dem Gedanken getragen zu kandidieren, sich am Ende aber dagegen entschieden: der Zürcher Gregor Rutz etwa, der erst gerade sein zweites Unternehmen gegründet hat, oder der Urner Nationalrat Beat Arnold, der Zeit für seine zwei kleinen Kinder haben will.
Dennoch könnte Thomas Aeschi an der Wahl am 17. November noch ernsthafte Konkurrenz bekommen: Einen Tag vor Ende der Eingabefrist überlegen sich einige Nationalräte noch immer, ob sie für das Amt kandidieren sollen, etwa der Berner Werner Salzmann, der Präsident der SVP des Kantons Bern.
Wer ist «Arena»-tauglich?
Möglich ist auch, dass sich die Parlamentsmitglieder aus der Romandie und dem Tessin aktiv in die Wahl einschalten. Sie sind heute in den Führungsgremien der SVP hoffnungslos untervertreten: Der Partei wie auch der Fraktion stehen mit Albert Rösti und Adrian Amstutz Deutschschweizer vor, und in den drei- respektive vierköpfigen Vizepräsidien sitzt jeweils nur eine einzige Vertreterin der lateinischen Schweiz: die Genferin Céline Amaudruz.
Auch sie selbst hätte Interesse am Fraktionspräsidium, wie sie «Luzerner Zeitung» und «St. Galler Tagblatt» sagte. Nur: Sie spricht nach eigener Einschätzung zu schlecht Deutsch. Die Sprache ist auch der Grund, den viele Lateiner von einer Bewerbung abhält, wie es parteiintern heisst: Wer Fraktionspräsident werden will, muss ausgezeichnet Deutsch sprechen, denn er muss nicht nur an den alljährlichen Von-Wattenwil-Gesprächen zwischen Bundesrat und Regierungsparteien teilnehmen, sondern auch «Arena»-tauglich sein.
Wie Amaudruz heute zu Tagesanzeiger.ch/Newsnet sagte, werden die Parlamentsmitglieder aus der lateinischen Schweiz morgen darüber diskutieren, ob sie einen Deutschschweizer unterstützen oder einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin ins Rennen schicken. Ob sie selbst diese Kandidatin sein könnte, wollte sie nicht sagen. Ein Kandidat aus der lateinischen Schweiz hätte allerdings nur dann eine Chance, wenn er viele Deutschschweizer für sich gewinnen könnte – von den 74 SVP-Mitgliedern in National- und Ständerat kommt nur ein Dutzend aus der Romandie und aus dem Tessin.
Heer gegen Aeschi
Falls die Tessiner und Romands aber einen Deutschschweizer unterstützen, hätte der Zürcher Alfred Heer gute Chancen, ihre Stimmen zu bekommen: Heer gilt im Gegensatz zu Aeschi als weitgehend unabhängig vom früheren SVP-Präsidenten Christoph Blocher. Er wagte es vor zwei Jahren, die SVP-Kampagne vor den eidgenössischen Wahlen als «gaga» zu kritisieren, und führt zudem die Schweizer Parlamentarierdelegation im Europarat an. Aus Sicht der Lateiner spricht zudem für Heer, dass er auch perfekt Französisch und Italienisch spricht.
Heer liess sich heute Montag telefonisch nicht erreichen. Wie er aber dem «SonntagsBlick» sagte, wollte er ursprünglich nur für das Vizepräsidium kandidieren – als Nachfolger von Thomas Aeschi, wenn dieser zum Fraktionspräsidenten befördert würde. Da Heer aber von vielen Fraktionskollegen aus der Romandie angefragt worden sei, ob er fürs Präsidium kandidiere, ziehe er nun auch dies in Betracht.
Viel Arbeit, kein Lohn
Falls die Fraktion am 17. November erneut einen Deutschschweizer zu ihrem Präsidenten küren sollte, wäre es möglich, dass dafür ein zweiter Parlamentarier aus der lateinischen Schweiz ins Vizepräsidium gewählt würde; heute verfügt sie mit Thomas Aeschi, Céline Amaudruz, Felix Müri und Hannes Germann über vier Vizepräsidenten, die Statuten liessen aber auch sechs oder sieben zu, wie Generalsekretär Gabriel Lüchinger sagt.
Einen Anforderungskatalog für das Amt des Fraktionspräsidenten gibt es nach seinen Worten nicht. Wichtig sei aber, dass er die Fraktion auf Parteilinie halte und dass er nicht des Prestiges wegen kandidiere. Finanziell besteht kein Anreiz dazu: Wie der Parteipräsident der SVP arbeitet auch der Fraktionspräsident unentgeltlich.
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