Ärzte vermuten noch viel Gift im Boden des Klybeck-Areals
Altlastenexperte fordert aufgrund eigener Studie bessere Suche nach Giftrückständen im Klybeck. Gemäss seiner Erkenntnis sind 2000 teilweise hoch gefährliche Substanzen vorhanden.

Es waren brisante Informationen, die der Altlastenexperte Martin Forter gestern im Restaurant Platanenenhof vorstellte. In seiner Funktion als Geschäftsführer von Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) hat er eine umfassende Untersuchung zu den Altlasten im Stadtteil Klybeck durchgeführt.
Seine Resultate lassen aufhorchen: Rund 2000 verschiedene chemische Substanzen seien auf den Geländen verarbeitet und entsorgt worden. Darunter zahlreiche, äusserst gesundheitsschädliche und teils Krebs auslösende wie die chemischen Kampfstoffe Senfgas und Nitrosenfgas. Nach diesen giftigen Abfällen hätten die Chemiekonzerne und der Kanton Basel-Stadt nicht genügend gesucht, sagt Forter. Es bestehe das Risiko, dass einige dieser Substanzen noch nicht abgebaut seien. Das spricht für ein komplettes Aufräumen, insbesondere, weil ein Wohnquartier entstehen soll. So das Fazit von Forter.
Diese Aussagen gewinnen durch den kürzlich erfolgten Besitzerwechsel von mehr als der Hälfte des Geländes an Brisanz. Novartis hat vor wenigen Wochen ihr Areal im Klybeck in der Grösse von rund 160'000 Quadratmetern an die Firma Central Real Estate Basel verkauft. Diese junge AG besteht aus Pensionskassen und Versicherungen.
Kosten von einer Milliarde
Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz fordern jetzt dezidiert die Offenlegung der Kaufverträge des Novartis-Areals. Die Öffentlichkeit müsse wissen, ob und wie die Kostenfolge für die Aufräumarbeiten geregelt ist. Eine gründliche Altlastensanierung des ehemaligen Chemiestandorts Klybeck in der Grösse von rund 300'000 Quadratmetern dürfte auf rund eine Milliarde Franken zu stehen kommen, schätzt Martin Forter. Und dies dürfte die junge, frisch gegründete Firma niemals berappen können.
Doch die Sanierung sei dringend nötig, sagen die Ärzte. Der kontaminierte Untergrund sowie der Chemiemüll auf der Allmend müsse einmalig und definitiv auf Kosten der Verursacher beseitigt werden. Und das, bevor mit dem Bauen begonnen wird. Über 100 Jahre lang haben Basler Chemiefirmen auf dem Klybeck-Areal Farbstoffe und Medikamente hergestellt. In den nächsten Jahren soll es zu einem Stadtquartier für etwa 10'000 Bewohner mit zusätzlich rund 5000 Arbeitsplätzen werden.
Wie Peter Kälin, Präsident der Ärzte für Umweltschutz, an der Veranstaltung sagte, sei auch die Pensionskasse der Ärztinnen und Ärzte Mitkäuferin des Klybeck-Areals. «Ob sie meine Gelder damit wirklich gut anlegt? Ich zweifle», sagte er an der Veranstaltung. Ihn beunruhige, dass die bisherigen Untersuchungen das ganze Giftspektrum noch nicht erfasst hätten.
Verträge bleiben geheim
Angesprochen auf die Forderungen der Ärzte, die Verkaufsverträge offenzulegen, verweist Christian Weber, Pressesprecher der Käuferin Central Real Estate, auf das zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Stillschweigen zu den Verkaufsbedingungen. Über mögliche Altlasten sei man informiert worden. Detaillierte Auskunft könne dazu der Kanton erteilen.
Matthias Nabholz, Leiter Amt für Umwelt und Energie, sagt dazu: «Das Klybeck ist punkto Bodenbelastung eines der bestuntersuchten Areale der Schweiz.» Es würden tausende von Seiten Untersuchungs- und Beurteilungsberichte vorliegen. Diese Unterlagen seien auch den Ärzten zur Verfügung gestellt worden. Ebenso sei beim Verkauf der vier Parzellen seitens Novartis von der zuständigen Behörde (AUE) sichergestellt worden, dass die Käuferschaft sämtliche Informationen erhalten habe.
Sein Amt werde nun den Bericht von Martin Forter ausführlich prüfen. «Sollten neue Erkenntnisse vorliegen, werden diese weiterverfolgt», sagt Nabholz. Die vier Parzellen seien alle im Kataster der belasteten Standorte eingetragen, im jetzigen Zustand allerdings nicht sanierungsbedürftig. Drei davon müssten nach Altlastenrecht überwacht werden. «Die zukünftigen Kosten für diese Überwachung wurden ebenfalls beim Verkauf sichergestellt», sagt Nabholz.
Doch sobald gebaut werde, müsse der belastete Untergrund beim baubedingten Aushub fachgerecht entsorgt werden. Dafür sei der Bauherr verantwortlich. Dieser müsse auch ein Entsorgungskonzept einreichen und die Entsorgungskosten tragen. «Der Kanton muss keine Kosten übernehmen», sagt Nabholz.
Novartis beharrt auf Stillschweige-Vereinbarung
Auch Novartis lehnt kategorisch ab, die Details des Verkaufsvertrages öffentlich bekannt zu geben. Das sei so mit dem Käufer vereinbart, sagt Pressesprecher Daniel Zehnder. Auch er bestätigt, das Klybeckareal sei umfassend untersucht worden. Im Hinblick auf die langfristige Zukunftsplanung habe man die einzelnen Teilbereiche freiwillig zusätzlich technisch untersucht. Es würden zwar Verunreinigungen bestehen, diese würden jedoch im jetzigen Zustand keine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen, da das Areal grösstenteils flächendeckend versiegelt sei. Wenn gebaut werde, würden die Entsorgungsmassnahmen der Käuferin obliegen, sagt auch Zehnder. Er fügt jedoch an: «Novartis bleibt weiterhin in der Pflicht, sofern und soweit zwingende Bestimmungen der Umweltschutzgesetzgebung dies vorsehen.
Christoph Moerikofer vom Verein «Zukunft.Klybeck» fordert, dass Novartis detailliert bekannt gibt, welche Substanzen sie bei den neusten Untersuchungen gefunden hat. Und er verweist darauf, dass der Verkaufspreis des Geländes von öffentlichem Interesse ist: «Rund einen Drittel des Areals wird der Kanton ja wieder zurückkaufen müssen, da es auf dem Gelände ja auch Plätze, Grünflächen oder Schulen braucht. Da möchten die Steuerzahlenden gerne wissen, wieviel die Real Estate draufzuschlagen gedenkt.»
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