Adliswiler Würger muss neun Jahre ins Gefängnis
Seine widersprüchlichen Aussagen, die Vorstrafen und das wenig glaubhafte Auftreten am Prozess wurden dem 44-jährigen Deutschen zum Verhängnis.
Von Anja Müller Horgen – Es ist ein hartes Urteil, welches das dreiköpfige Richtergremium des Bezirksgerichts unter Vorsitz von Bruno Derungs gestern fällte. Sie begründeten dies damit, dass der Deutsche sein Opfer – einen drogenabhängigen Bekannten – in der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 2010 nur deshalb nicht zu Tode gewürgt habe, weil seine Nachbarin im entscheidenden Moment eingegriffen habe. Eskaliert war der Streit zwischen den beiden Männern in der Wohnung der Nachbarin in Adliswil wegen 30 Franken. Der Bekannte wollte oder konnte dem Deutschen das geschuldete Geld am besagten Abend nicht zurückgeben. Er provozierte ihn stattdessen verbal. Daraufhin attackierte und würgte der heute 44-Jährige seinen Schuldner derart massiv, dass dieser kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Dabei wusste der Täter, dass sein Opfer schwer herzkrank ist. Als die Wohnungsmieterin in die Situation eingriff, indem sie dem Angreifer auf den Rücken sprang, verpasste ihr dieser zwei Faustschläge ins Gesicht. Sie erlitt Prellungen, ihr Kollege ein Würgetrauma und starke Hämatome an Hals und Kiefer. «Lediglich eine Ohrfeige» Der Beschuldigte hatte am Dienstag vor Gericht mehrmals seine Unschuld beteuert. Er habe seinem Schuldner nach einem Gerangel lediglich eine Ohrfeige verpasst, um ihm «die Leviten zu lesen». Ansonsten sei nichts passiert. Der Bekannte habe sich die Verletzungen selber zugefügt, um ihn zu belasten. Diese Version nahm ihm das Gericht nicht ab. «Drei Ärzte, die den Geschädigten nach dem Vorfall unabhängig voneinander untersucht haben, kamen zum Ergebnis, dass es sich bei den Verletzungen am Hals eindeutig um Würgemarken handelt», argumentierte Richter Derungs an der Urteilsbegründung von gestern. Es sei laut Meinung der Ärzte nicht vorstellbar, dass sich der Mann diese selber zugefügt habe. Bereits 15-mal verurteilt Ebenfalls gegen den Angeklagten hatte gesprochen, dass er sich während der gesamten Untersuchung in einem schlechten Licht präsentiert hatte. Während der ersten drei Einvernahmen hatte er angegeben, in der Tatnacht gar nicht in der Wohnung seiner Nachbarin gewesen zu sein. Später gab er diese Lüge zu. Dies sowie weitere «widersprüchliche und teilweise sonderbar anmutende Aussagen» und sein «arrogantes und rechthaberisches Auftreten vor Gericht» liessen die Richter zum Schluss kommen, dass damals mehr vorgefallen war, als der Beschuldigte glaubhaft machen wollte. Die zahlreichen Vorstrafen verschlechterten das Bild des Mannes zusätzlich. Von 1983 bis 2007 wurde der Deutsche in seinem Heimatland 15-mal verurteilt, unter anderem wegen Raub und gefährlicher Körperverletzung. Insgesamt zwölf Jahre lang sass er wegen verschiedener Delikte in deutschen Gefängnissen. In die Schweiz war er danach eigentlich gekommen, um einen Schlussstrich unter seine kriminelle Vergangenheit zu ziehen. Neben den neun Jahren Haft hat das Gericht dem Deutschen eine Busse von 2000 Franken auferlegt. Ausserdem muss er sich psychiatrisch behandeln lassen, um seine erhöhte Gewaltbereitschaft und die geringe Frustrationstoleranz therapieren zu lassen. Die rund 500 Tage Sicherheits- und Untersuchungshaft, die er bis jetzt im Gefängnis Dielsdorf abgesessen hat, werden ihm angerechnet. Das Urteil kommt den Forderungen des Staatsanwalts sehr nahe. Dieser hatte eine unbedingte Freiheitsstrafe von elf Jahren verlangt. Ganz anders der Verteidiger des Deutschen. Er hatte auf Freispruch seines Mandanten plädiert und eine Entschädigung und Genugtuung in Höhe von insgesamt 110 000 Franken gefordert. Die Maximalstrafe für versuchte Tötung beträgt 20 Jahre Gefängnis.
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