Kunstmuseum BaselAbstrakte Kunst, buddhistisch beeinflusst
Die Kunst Charmion von Wiegands ist in Basel Neuland, lässt sich dort aber leicht kontextualisieren. Dass sie in der Sammlung nicht vertreten ist, erstaunt nicht.

Die heute nahezu unbekannte amerikanische Journalistin, Kunstkritikerin und Malerin Charmion von Wiegand teilt ihr Schicksal mit anderen Persönlichkeiten, vor allem Frauen, wie etwa Hilla von Rebay, einst Partnerin von Hans Arp, später dann die Assistentin Solomon R. Guggenheims und als solche massgeblich am Bau des Guggenheim-Museums beteiligt. Als Malerin standen beide Frauen im Schatten bekannterer Männer, aus dem sie nie oder nur sehr spät heraustraten.
Charmion von Wiegands Werk vor der Vergessenheit zu retten, im historischen Kontext zu würdigen und in seiner Vielschichtigkeit einem interessierten Publikum zu präsentieren, ist das Verdienst der Kuratoren Maja Wismer und Martin Brauen. Sie verantworten diese erste Ausstellung von Wiegands Malerei im Kunstmuseum Basel, die sie mit feinem Gespür für deren Qualitäten kuratiert haben.
Markante Einflüsse
Während das Frühwerk Charmion von Wiegands epigonenhaft erscheint, ist vor allem ihr Spätwerk ab circa 1950 von Interesse. Dieses entsteht auf der Suche nach spirituellen und metaphysischen Vorbildern, die sie schliesslich in der asiatischen Kunst und dort vor allem im Buddhismus und im Taoismus finden wird. Anfänglich blieb ihr die praktische Anwendung des Zen verschlossen. Ihr Mann, der Schriftsteller Joseph Freeman, gab ihr den «I Ging. Buch der Wandlungen», der sie erheblich beeinflusste und sie mit den Ideen der Nicht-Dualität und dem Gesetz des Wandels vertraut machte.
Zusätzlich befasste sie sich mit Theosophie, Tantra, Yoga und Blavatskys Ideen von Klang und Spektralfarbe als etwas dem Körper Innewohnendes. All diese Einflüsse manifestieren sich in einer höchst originären Malerei, die ihresgleichen sucht und mit prominenten Beispielen in der Basler Ausstellung vertreten ist.
Wichtiges Zeitdokument
Immer wieder, so Josef Helfenstein im Vorwort des Katalogs, sei das Museum darauf angesprochen worden, dass sich Charmion von Wiegands Werke nicht in der Sammlung des Kunstmuseums befinden. Vielleicht erklärt dies den Vorbehalt gegenüber dieser Kunst. Sie ist, bedauernswerterweise, den Werken Piet Mondrians, Theo van Doesburgs oder Sophie Taeubers nicht ebenbürtig, doch erinnert oft an diese, an Hans Arp, Alexander Calder oder Kurt Schwitters. Wiegands Stellenwert als aktive und vielseitig interessierte Frau in einem intellektuellen und kreativen Umfeld ist von grösserem Interesse als viele ihrer Werke.
«Expanding Modernism», wie der Titel der Ausstellung postuliert, ist durchaus wünschenswert und sinnvoll. Doch nicht auf Kosten der Exzellenz, wodurch sich die Sammlung des Kunstmuseums Basel auszeichnet. So ist diese Ausstellung als Zeitphänomen sehenswert und verdienstvoll, für die Sammlung des Hauses müsste es aber zwingend ein Spätwerk Charmion von Wiegands sein. Doch dafür ist das anthroposophische Dornach zu nah.
Charmion von Wiegand. Expanding Modernism. Kunstmuseum Basel, Neubau. Bis 13. August. www.kunstmuseumbasel.ch
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