Fünf FCB-Erkenntnisse nach MarseilleAbascal will mehr – und freut sich über die «Orange Karte»
Wie ist der Auftritt des FC Basel beim 1:2 in Marseille zu betrachten? Und wie ist man mit dem Interimstrainer unterwegs, bevor man am Sonntag Servette empfängt?

Abascals Anspruch
Natürlich ist Guillermo Abascal nicht konträrer Meinung. Auch der Interimstrainer des FC Basel hat gesehen, dass seine Mannschaft im Stade Vélodrome dem klangvollen Gegner Olympique Marseille insgesamt unterlegen war. «Aber das ist Fussball: Nutzt du die Chancen nicht, bekommst du plötzlich ein Gegentor.» So eben, wie das dem Basler Gegner im Hinspiel der Conference-League-Achtelfinals widerfahren ist, als man «nur» mit einer 2:0-Führung in die Schlussphase ging und Rotblau dort prompt der Anschlusstreffer gelang, der ihm für das Rückspiel am Donnerstag im St.-Jakob-Park eine offene Ausgangslage beschert.
Blickt Abascal darauf voraus, dann ist klar, dass der Spanier im Heimspiel mehr will. Und wenn er mehr meint, dann spricht er vor allem von mehr eigenem Ballbesitz. «Wenn wir das so hinbekommen wie in der Schlussphase in Marseille, dann haben wir eine Chance.»
Preis der Jugend
Was man in Marseille allerdings auch sah: Die Basler Jugend hat ihren Preis. Dafür stellvertretend stehen etwa die Aussenverteidiger in dieser Partie, Tomas Tavares (21) und Noah Katterbach (20), die vorab in der ersten Hälfte viel Mühe hatten, was nicht allein den hochkarätigen Gegenspielern, sondern wohl auch der eigenen Unerfahrenheit auf diesem Niveau geschuldet gewesen sein dürfte.
Aber auch das hohe Bein Andy Pelmards (21), das zum Elfmeter und so zum 0:1 führte, darf als Beispiel für diese Feststellung dienen. Auch wenn sich eifrig diskutieren lässt, ob der Pfiff richtig war (zur Abstimmung geht es hier): Abgebrüht ist es nicht, wie Pelmard da den Ball klären will.
Qualität der Jugend
Dass Qualität nichts mit Erfahrung zu tun hat, zeigten in Marseille andere Spieler: Dan Ndoye (21) gelang eine ansprechende Leistung. Und Sebastiano Esposito (19) machte zwar kein grosses Spiel, bewies aber in der 79. seine Technik und seine Kaltblütigkeit im Abschluss, als er zum wichtigen 1:2 traf.
Nachdem ihm zuvor in Lugano ein Assist zum 2:0-Schlussresultat gelungen ist, ist festzuhalten: Der Trend beim italienischen Teenager zeigt erstmals seit Sommer wieder nach oben. Dasselbe gilt auch für Wouter Burger (21): In Lugano gut als Innenverteidiger, überzeugte er in Marseille als Einwechselspieler im defensiven Mittelfeld – und das nicht nur mit Zweikämpfen: Sein langer Pass auf Torschütze Esposito lässt erahnen, dass der gross gewachsene Holländer Gefühl in seinem Fuss hat.
Gute Einwechslungen
Damit ist schon angedeutet, dass die Einwechslungen in Marseille ein Basler Plus waren: Abascal nimmt davon zwar nur drei vor – dafür aber alle zeitgleich, in der 70. Minute. Es kommen Burger, Joelson Fernandes und Darian Males. Das Basler Spiel erlebt von da an bis zum Schlusspfiff seine insgesamt beste, weil kontrollierteste und gefährlichste Phase – Anschlusstreffer inklusive.
Brenzlig wirds in der Nachspielzeit durch einen Konter trotzdem noch. Er wird von Males mit einer Grätsche gegen Harit beendet. Zwar sichelt der Einwechselspieler dabei den Gegner seitlich um. Doch weil er von hinten kommt und keine Chance auf den Ball hat, ist er mit Gelb sehr gut bedient.
Abascal widerspricht zumindest nicht und nennt es eine «Orange Karte». Was der Spanier aber auch festhält: Das Foul zu diesem späten Zeitpunkt und in dieser Situation ist eines, das ein Spieler im Dienste der Mannschaft nehmen muss. Und er fügt grinsend an: «Es war wohl Males’ beste Aktion in dieser Partie.»
Abgeklärte Gedanken
Gute Aktionen hatte auch Torhüter Heinz Lindner. Aber vor dem 0:2, da sieht der österreichische Routinier nicht gut aus: Rongiers Schuss ist mässig – und Lindner lässt prallen, sodass Milik abstauben kann.
Der Torhüter der Basler gibt sich danach abgeklärt: «Das ist mein Fehler. Ich habe mich zu früh bewegt. Normalerweise halte ich den fest.»
Nicht minder einsichtig gibt sich bei diesem Treffer auch Fabian Frei, der zuvor mit einem erfolglosen Herausstechen das Loch in die Basler Abwehr riss, durch das Rongier marschierte. «Im Nachhinein würde ich wohl hinten stehen bleiben.» Der Captain dieser Partie gesteht denn auch: «Nach dem Treffer zum 0:2 hätte ich ein 1:2 sofort unterschrieben.» Dass es dann tatsächlich so gekommen sei, sei als gutes Resultat zu werten.
Die Basler scheinen nach dem Marseille-Trip also mit einer gesunden Mischung aus Tatendrang und Realismus unterwegs zu sein. Ob das reicht, um in einer Woche zu Hause gegen den Dritten der Ligue 1 einen Coup zu landen, wird man sehen. Vorher geht es noch um anderes. Darum, am Sonntag gegen den Servette FC einen Liga-Heimsieg zu holen. Schliesslich kämpft Rotblau für nächste Saison noch um einen Platz in jener Conference League, in der man am Donnerstag gern ein Zeichen setzen möchte.
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