46 Monate für brutalen Schläger
Ein heute 26-Jähriger rastete betrunken immer wieder aus. Nun sei er aber auf dem richtigen Weg, sagt er. Dieser führt ihn zuerst in eine Suchtklinik.
Von Thomas Hasler Zürich – Im schwarzen Anzug, mit weissem Hemd und dunkler Krawatte sitzt er da. Man könnte in glatt für den Anwalt halten. Den Säufer, der er war, sieht man ihm nicht an. Und dieser Mann soll früher 12 Liter Bier und 1 Flasche Wodka getrunken haben? Pro Tag? Dass es so wohl gewesen sein muss, zeigt die Lektüre der 13-seitigen Anklageschrift, die vor Gewalt nur so strotzt. In Oerlikon fragte der heute 26-Jährige zwei Brüder, die aufs Taxi warteten, nach Zigaretten und Feuerzeug. Erfolglos. Beiden schlug er die Faust derart hart ins Gesicht, dass beide im Unispital notfallmässig behandelt werden mussten – der eine mit einem dreifachen Gesichtsschädelbruch. In einem anderen Fall schlug er einen 108 Kilogramm schweren Kampfsportler so zu Boden, dass der Mann ins Oberlichtfenster einer Bäckerei stürzte. Dem Bewusstlosen trat er anschliessend mit seinen Skaterschuhen noch gegen den Kopf. Vor einem Dübendorfer Klub schlug er einen ehemaligen Schulkollegen nieder, trat nach und verfolgte den anschliessend Flüchtenden, schlug ihm mit der Faust auf den Hinterkopf und dem erneut zu Boden Gefallenen noch einmal ins Gesicht. Lange Liste von Delikten Am Limmatquai klaute er vom Tisch eines Cafés ein iPhone. Als ihn der Besitzer festhielt, versetzte er ihm zwei Faustschläge, trat mit dem Fuss nach ihm und hob drohend eine Teleskop-Schlagrute. In Volketswil fuhr er mit dem Auto einen Kandelaber um und dann ungerührt weiter, bis ihn die Polizei anhielt. Er hatte mindestens 1,78 Promille intus und in der Nacht nur zwei Stunden geschlafen. Allein die Zusammenfassung aller zwölf Delikte – von der versuchten schweren Körperverletzung über räuberischen Diebstahl bis zu mehrfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten und Gewalt und Drohung gegen Beamte – beansprucht in der Anklageschrift eineinhalb Seiten. Das Bezirksgericht als erste Instanz bestrafte ihn mit 46 Monaten. Hoffen auf Strafreduktion Und was will er jetzt vor Obergericht? Eine Strafe von 36 Monaten und einen Aufschub der Strafe zugunsten einer stationären Suchtbehandlung. Dies sei angemessen, weil man von einer «beachtlichen Schuldverminderung aufgrund der Alkoholerkrankung ausgehen» müsse. Zudem habe er die schwere Körperverletzung des Kraftsportlers nicht in Kauf genommen. Und die iPhone-Geschichte sei kein räuberischer, sondern bloss ein einfacher Diebstahl. Die stationäre Massnahme soll seiner aktuellen Situation Rechnung tragen. Ein früherer freiwilliger Entzug scheiterte zwar, «weil ich für eine komplette Abstinenz noch nicht reif genug war». Seit Sommer befindet er sich nun wieder in einer Suchtklinik. «Es ist sehr anstrengend, aber es geht sehr gut», sagt er dem Gericht. Er lerne das Leben völlig neu kennen, «mit allen guten und schlechten Gefühlen, die ich früher ertränkt habe». Überhaupt habe er sich komplett geändert und eingesehen, dass sich mit Gewalt «gar nichts lösen lässt». Er habe aus den Fehlern gelernt und sei jetzt auf dem richtigen Weg. Das Obergericht sieht keinen Grund, die Gewalttaten anders zu beurteilen und zu bestrafen, als dies das Bezirksgericht vor ihm getan hatte. Es spricht von roher Gewaltanwendung und erschreckender Brutalität. «Solche exzessive Gewalt muss zu empfindlichen Strafen führen», sagt der Gerichtsvorsitzende. Immerhin ordnet das Gericht die erbetene stationäre Therapie an. «Wir empfehlen Ihnen dringend, die Therapie erfolgreich zu Ende zu führen», sagt der Richter.
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