Basel-Stadt im Clinch mit Reinach35 gehörlose Flüchtlinge verlieren Schlafplatz
Weil Immobilien Basel-Stadt sich nicht kulant zeigt, sucht die Gemeinde Reinach händeringend nach neuen Räumlichkeiten für Geflüchtete und zwei Fremdsprachenklassen.

Die Baselbieter Gemeinde Reinach befindet sich mit Immobilien Basel-Stadt im Clinch. Ein Festhalten am Baurechtszins hindert die Gemeinde nach eigenen Angaben daran, eine Abbruchimmobilie befristet weiter als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen.
Es handelt sich um die ehemaligen Bauten des Wohn- und Bürozentrums für Menschen mit Behinderung (WBZ), wie aus einer Medienmitteilung der Gemeinde Reinach vom Donnerstag hervorgeht. In den Räumlichkeiten, die ab Anfang 2023 im Baurecht an eine Pensionskasse übergehen werden, sind rund 50 Flüchtlinge, darunter 35 Gehörlose, aus der Ukraine untergebracht. Des Weiteren hat die Gemeinde zwei Schulräume für Fremdsprachenklassen einquartiert.
Basel-Stadt verlangt Betrag im vierstelligen Bereich
Die Gemeinde hätte die zum Abbruch stehenden Räumlichkeiten gerne befristet weiter als Flüchtlingsunterkunft genutzt, wie sie mitteilt. Mit der neuen Baurechtsnehmerin wäre man einig geworden, nicht aber mit Immobilien Basel-Stadt, der Grundstücksbesitzerin und Baurechtsgeberin.
«Immobilien Basel-Stadt hätte einen Baurechtszins im vierstelligen Bereich pro Monat verlangt. Wir sind in dieser speziellen Situation mit Krieg in Europa auf Hilfe angewiesen und hätten gehofft, dass uns der Kanton Basel-Stadt entgegenkommt», so der Gemeinderat Ferdinand Pulver auf Anfrage der «Basler Zeitung». Die Gemeinde sei zur Zahlung eines reduzierten Betrags bereit gewesen. Dieses Angebot hätte Immobilien Basel-Stadt jedoch nicht akzeptiert.
Kanton zeigt kein Entgegenkommen
Immobilien Basel-Stadt bestätigt auf Anfrage, dass man bei der Bitte um eine Reduktion des Baurechtszinses kein Entgegenkommen gezeigt habe respektive nicht habe zeigen können. Eine Zinsreduktion wäre einer Subventionierung gleichgekommen, und «für eine Subvention des Kantons Basel-Stadt an die Gemeinde Reinach gibt es keine Rechtsgrundlage», so Immobilien Basel-Stadt.
Auf der anderen Seite habe sich Immobilien Basel-Stadt aber bereit gezeigt, die Frist, innert der die neue Baurechtsnehmerin die Baueingabe einreichen und mit dem Bauprojekt beginnen muss, um drei bis fünf Monate zu verlängern. So hätte die Gemeinde die Bauten nicht bereits Ende Jahr räumen müssen.
Die Gemeinde ihrerseits geht nach wie vor von einer Räumung auf Ende Jahr aus. Sie habe als Ersatz für die Unterkünfte Räumlichkeiten im sogenannten Medienhaus im Gewerbegebiet Kägen mieten können. Dort könnten 56 alleinstehende Männer in Mehrbettzimmern für sechs bis zehn Personen untergebracht werden. Im WBZ stehen derzeit Zweibettzimmer zur Verfügung.
Reinach soll noch 500 Flüchtlinge unterbringen
«Wenn mehr Menschen in einem Raum schlafen, besteht ein grösseres Risiko für Konflikte. Eventuell werden wir im Medienhaus sogar Security brauchen», so Gemeinderat Ferdinand Pulver. Ausserdem biete das neue Gebäude nicht die nötige Infrastruktur, um die gehörlosen Geflüchteten unterzubringen. Auch für die Klassenzimmer der Fremdsprachenklassen sucht die Gemeinde händeringend nach Räumlichkeiten.
Darüber hinaus blickt die Gemeinde Reinach nach eigenen Angaben mit Sorge in die Zukunft. Beim aktuellen Verteilschlüssel müsste die Gemeinde bis zu 500 Flüchtlinge unterbringen, heisst es. Dies stelle eine grosse Herausforderung dar. Zwar gebe es in der Reinacher Zivilschutzanlage 400 Schlafplätze. Diese wolle man jedoch nur im grössten Notfall nutzen, so der Gemeinderat.
SDA/ked
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